Für den neuen Polo entwickelte VW Benzinmotoren mit drei Zylindern, die später auch in andere kleine Wagen des VW-Konzerns eingebaut werden sollen. Diese Motoren enthalten eine Fülle interessanter Details.
CHRISTIAN BARTSCH
Durch die Nebeneggregate sind die neuen Dreizylinder nahezu so breit wie lang. Auf dem Bild der Vierventiler. Das komplette Ansaugsystem verbirgt sich unter der Kunststoffhaube.
Noch vor 40 Jahren waren Motoren mit drei Zylindern die Do-mäne des Zweitakters, während Viertakter mindestens vier Zylinder haben mussten, um einigermassen rund zu laufen. Später tauchten im Motorradbau Dreizylinder-Viertakter auf, so 1969 bei BSA in England, im gleichen Jahr bei MV Agusta in Italien und 1985 mit der K75 bei BMW.
In Japan führen verschiedene Hersteller, so vor allem Daihatsu und Suzuki, seit rund 20 Jahren Dreizylinder im Programm. In Europa machte Opel den Dreizylinder-Viertaktmotor salonfähig, danach folgte VW gleich mit zwei Dieseln, nämlich jenem für den Lupo 3L und dem «entdrosselten» 1,4-Liter TDI mit 55 kW/75 PS. Dreizylinderaggregate besitzt aber auch der Smart sowohl als Otto- wie als Dieselmotor.
Daraus jedoch eine «Bewegung» herauszulesen wäre bisher jedenfalls verfehlt gewesen. Doch das kann sich jetzt ändern, seit VW zunächst für den neuen Polo und bald auch für die Autos auf der gleichen Plattform von Seat und Skoda eine Dreizylinderfamilie entwickelte, die auch ausgezeichnet zum Lupo und zum Audi A2 passen würde. Für derart hohe Stückzahlen lohnt es sich schon, bei der Entwicklung tief in die Firmenkasse zu greifen - und VW hat genau das getan.
Viel versprechend
Erste Fahreindrücke mit den zwei derzeit angebotenen Drei-zylindern unterschiedlicher Leistung im Polo verliefen recht positiv und liessen auf ungewöhnliche Details schliessen. Darauf deuten auch die mit 5,9 Liter
auf 100 km sehr niedrigen Verbrauchswerte (EU gesamt) für beide Motoren, denn immerhin wiegt der neue Polo in der zweitürigen Einstiegsversion 1002 (40 kW/55 PS) und 1015 kg (47 kW/65 PS). Allerdings verfehlte der Polo 1.2 diesen günstigen Wert im AR-Test (5/2002) deutlich (Gesamttestverbrauch 7,4 L/ 100 km).
Basis für die Dreizylinder
war der Vierzylinder mit 1,6 Liter Hubraum, dem ein Zylinder amputiert wurde. Dadurch haben die beiden 1.2-Dreizylinder mit 86,9 mm den gleichen Hub und mit 76,5 mm auch die gleiche Bohrung wie der Vierzylinder. Hat der schwächere Motor zwei Ventile pro Zylinder, so hat der stärkere deren vier. Dennoch ist auch der stärkere ein reiner Drosselmotor, der auf hohes Drehmoment schon bei niedriger Drehzahl (112 Nm bei 3000/min) und optimale Fahrbarkeit ausgelegt wurde. Die freien Momente erster Ordnung wurden mit einer zur Kurbelwelle gegenläufig mit gleicher Drehzahl umlaufenden Ausgleichswelle kompensiert, die über Zahnräder angetrieben wird. Die Ölpumpe dagegen «läuft» an einer Rollenkette mit halber Kurbelwellendrehzahl. Dadurch konnte die Reibleistung bei allen Drehzahlen beträchtlich reduziert werden.
Reibung vermeiden
Der leistungszehrenden Eigenreibung hatten die Ingenieure ohnehin den Kampf angesagt. So wurden gegenüber dem 1,6-Liter-Motor die Kurbelwellen- und Pleuellager im Durchmesser kleiner, ebenso die Lager der gebauten Nockenwelle. Die kurze Kurbelwelle wurde wieder gegossen und die Pleuelbreite auf 17 mm reduziert.
Zusammen mit den erleichterten Kolben konnten dadurch die oszillierenden Massen um 20 % vermindert werden. Dafür wurde die Lagerung der Nockenwellen steifer, und sie werden nicht mehr im Zylinderkopf, sondern in der Zylinderkopfhaube aus Aluminiumdruckguss gelagert. Eine verblüffende Lösung, denn dadurch wird der Zylinderkopf einfacher. Natürlich werden die Ventile über Rollenschlepphebel betätigt, die für weitere Reibminderung sorgen. Der Antrieb der Nockenwellen erfolgt durch eine Rollenkette und nicht etwa durch einen Zahnriemen - und wurde billiger als ein Zahnriementrieb! Die schmale Kette, die beide Nockenwellen antreibt, benötigt weniger Platz als der Zahnriemen; der Motor wird kürzer. Der Steuerkastendeckel aus Aluminium nimmt die vordere Motoraufhängung auf. Für den Vierventil-Dreizylinder gibt VW eine Verdichtung von 10,5 an, der Motor soll mit 95-ROZ-Benzin gefahren werden.
Der Zylinderblock in «Open-deck»-Bauweise besteht aus Aluminiumdruckguss und besitzt eingegossene Graugusslaufbüchsen. Er endet in der Mitte der Hauptlager und wird durch eine Bettplatte versteift, in der die unteren Lagerschalen integriert sind. Ausserdem läuft in der Bettplatte die Ausgleichswelle in eingepressten Lagerbuchsen. Den Abschluss nach unten bildet eine flache Stahlblechölwanne.
Der komplette Motor ist also ausserordentlich steif. Das ist nicht nur Voraussetzung für eine lange Lebensdauer, sondern auch für geringste Geräuschentwicklung. Im Leerlauf ist er daher kaum zu hören - und niemand käme auf die Idee, unter der Haube einen Motor mit «nur» drei Zylindern zu vermuten. Die bis zur letzten Schraube konsequente Minderung der Reibleistung sorgt aber auch zusammen mit der Ausgleichswelle dafür, dass der Motor im Leerlauf nur mit 700/min läuft und mit einem Verbrauch von 0,45 Litern pro Stunde extrem sparsam ist. Selbstverständlich erfüllt der Motor die Abgasgrenzwerte nach
Euro 4. Leichter
Beim Polo ersetzt der Dreizylinder den bisherigen Vierzylinder mit 1,4 Liter Hubraum, der immerhin auch nur 96 kg wog, und zwar einschliesslich Öl und Hauptkatalysator. Der 1,2-L-Zweiventil-Dreizylinder dagegen bringt es unter gleichen Voraussetzungen auf nur noch 80 kg, während der gleich grosse Vierventiler 87 kg wiegt. Darin ist der Massenausgleich mit 4 kg enthalten.
Mit einer Abgasrückführung von bis zu 20 % wird die Stickoxidbildung um bis zu 60 % gesenkt. Die Abgasrückführung erfolgt im gesamten Kennfeld bis zu höchster Last und Drehzahl, also nicht etwa nur im Bereich des MVEG-Fahrzyklus.
Damit sinkt die Abgastem-peratur um über 50 °C, sodass der motornahe Keramikkatalysator auch in kritischen Bereichen nicht überhitzt. Gegenüber dem 1,4-Liter-Vierzylinder mit zwei Ventilen pro Zylinder und 44 kW (60 PS) sank der Benzinverbrauch im MVEG-Test um 5 % und im Stadtzyklus um 11 %, obwohl der Dreizylinder mehr Leistung hat und elastischer ist.
Kein Ölschlamm
Aber noch etwas haben Hermann Middendorf und seine Mannschaft ausgemerzt, näm-lich die Ölschlammbildung durch Kondenswasser. Das Kurbelgehäuse des neuen Motors wird mit Frischluft durchspült, die dem Ansaugtrakt hinter dem Luftfilter entnommen wird. Selbst wenn der Motor nach dem Kaltstart nur immer kurze Strecken gefahren wird, erfolgt ein sehr schneller Wasserabbau bis zu einem ungefährlichen Restgehalt von 0,2 %. Die aus dem Kurbelgehäuse abgesaugte, mit Wasser- und Öldampf angereicherte Luft wird in einem Zyklonabscheider gereinigt, ins Saugrohr überführt und in den Zylindern verbrannt.
Zur Erzielung eines möglichst hohen Drehmoments bei niedrigen Drehzahlen arbeitet der Motor mit 525 mm langen Kunststoffsaugrohren von 34 mm Durchmesser, die auch die Einspritzventile der Saugrohreinspritzung aufnehmen. Die Einspritzung arbeitet mit einem Druck von 3 bar, die Drosselklappenbetätigung erfolgt durch ein E-Gas von Siemens, die auch die Motorsteuerung liefern.
Da der Motor so preiswert
wie möglich gefertigt werden muss, erhielt er keine direkte Benzineinspritzung - die wohl auch kaum in der Lage wäre, den Verbrauch nochmals drastisch zu senken. Auf jeden Fall entstand ein Motor, der trotz Drosselung ein hohes Mass an Fahrspass verspricht. Im gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht daran gedacht, aus ihm eine leistungsstärkere Variante zu entwickeln. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
quelle mit einigen bildern: automobilrevue.ch/artikel.asp?ArtikelID=1404
CHRISTIAN BARTSCH
Durch die Nebeneggregate sind die neuen Dreizylinder nahezu so breit wie lang. Auf dem Bild der Vierventiler. Das komplette Ansaugsystem verbirgt sich unter der Kunststoffhaube.
Noch vor 40 Jahren waren Motoren mit drei Zylindern die Do-mäne des Zweitakters, während Viertakter mindestens vier Zylinder haben mussten, um einigermassen rund zu laufen. Später tauchten im Motorradbau Dreizylinder-Viertakter auf, so 1969 bei BSA in England, im gleichen Jahr bei MV Agusta in Italien und 1985 mit der K75 bei BMW.
In Japan führen verschiedene Hersteller, so vor allem Daihatsu und Suzuki, seit rund 20 Jahren Dreizylinder im Programm. In Europa machte Opel den Dreizylinder-Viertaktmotor salonfähig, danach folgte VW gleich mit zwei Dieseln, nämlich jenem für den Lupo 3L und dem «entdrosselten» 1,4-Liter TDI mit 55 kW/75 PS. Dreizylinderaggregate besitzt aber auch der Smart sowohl als Otto- wie als Dieselmotor.
Daraus jedoch eine «Bewegung» herauszulesen wäre bisher jedenfalls verfehlt gewesen. Doch das kann sich jetzt ändern, seit VW zunächst für den neuen Polo und bald auch für die Autos auf der gleichen Plattform von Seat und Skoda eine Dreizylinderfamilie entwickelte, die auch ausgezeichnet zum Lupo und zum Audi A2 passen würde. Für derart hohe Stückzahlen lohnt es sich schon, bei der Entwicklung tief in die Firmenkasse zu greifen - und VW hat genau das getan.
Viel versprechend
Erste Fahreindrücke mit den zwei derzeit angebotenen Drei-zylindern unterschiedlicher Leistung im Polo verliefen recht positiv und liessen auf ungewöhnliche Details schliessen. Darauf deuten auch die mit 5,9 Liter
auf 100 km sehr niedrigen Verbrauchswerte (EU gesamt) für beide Motoren, denn immerhin wiegt der neue Polo in der zweitürigen Einstiegsversion 1002 (40 kW/55 PS) und 1015 kg (47 kW/65 PS). Allerdings verfehlte der Polo 1.2 diesen günstigen Wert im AR-Test (5/2002) deutlich (Gesamttestverbrauch 7,4 L/ 100 km).
Basis für die Dreizylinder
war der Vierzylinder mit 1,6 Liter Hubraum, dem ein Zylinder amputiert wurde. Dadurch haben die beiden 1.2-Dreizylinder mit 86,9 mm den gleichen Hub und mit 76,5 mm auch die gleiche Bohrung wie der Vierzylinder. Hat der schwächere Motor zwei Ventile pro Zylinder, so hat der stärkere deren vier. Dennoch ist auch der stärkere ein reiner Drosselmotor, der auf hohes Drehmoment schon bei niedriger Drehzahl (112 Nm bei 3000/min) und optimale Fahrbarkeit ausgelegt wurde. Die freien Momente erster Ordnung wurden mit einer zur Kurbelwelle gegenläufig mit gleicher Drehzahl umlaufenden Ausgleichswelle kompensiert, die über Zahnräder angetrieben wird. Die Ölpumpe dagegen «läuft» an einer Rollenkette mit halber Kurbelwellendrehzahl. Dadurch konnte die Reibleistung bei allen Drehzahlen beträchtlich reduziert werden.
Reibung vermeiden
Der leistungszehrenden Eigenreibung hatten die Ingenieure ohnehin den Kampf angesagt. So wurden gegenüber dem 1,6-Liter-Motor die Kurbelwellen- und Pleuellager im Durchmesser kleiner, ebenso die Lager der gebauten Nockenwelle. Die kurze Kurbelwelle wurde wieder gegossen und die Pleuelbreite auf 17 mm reduziert.
Zusammen mit den erleichterten Kolben konnten dadurch die oszillierenden Massen um 20 % vermindert werden. Dafür wurde die Lagerung der Nockenwellen steifer, und sie werden nicht mehr im Zylinderkopf, sondern in der Zylinderkopfhaube aus Aluminiumdruckguss gelagert. Eine verblüffende Lösung, denn dadurch wird der Zylinderkopf einfacher. Natürlich werden die Ventile über Rollenschlepphebel betätigt, die für weitere Reibminderung sorgen. Der Antrieb der Nockenwellen erfolgt durch eine Rollenkette und nicht etwa durch einen Zahnriemen - und wurde billiger als ein Zahnriementrieb! Die schmale Kette, die beide Nockenwellen antreibt, benötigt weniger Platz als der Zahnriemen; der Motor wird kürzer. Der Steuerkastendeckel aus Aluminium nimmt die vordere Motoraufhängung auf. Für den Vierventil-Dreizylinder gibt VW eine Verdichtung von 10,5 an, der Motor soll mit 95-ROZ-Benzin gefahren werden.
Der Zylinderblock in «Open-deck»-Bauweise besteht aus Aluminiumdruckguss und besitzt eingegossene Graugusslaufbüchsen. Er endet in der Mitte der Hauptlager und wird durch eine Bettplatte versteift, in der die unteren Lagerschalen integriert sind. Ausserdem läuft in der Bettplatte die Ausgleichswelle in eingepressten Lagerbuchsen. Den Abschluss nach unten bildet eine flache Stahlblechölwanne.
Der komplette Motor ist also ausserordentlich steif. Das ist nicht nur Voraussetzung für eine lange Lebensdauer, sondern auch für geringste Geräuschentwicklung. Im Leerlauf ist er daher kaum zu hören - und niemand käme auf die Idee, unter der Haube einen Motor mit «nur» drei Zylindern zu vermuten. Die bis zur letzten Schraube konsequente Minderung der Reibleistung sorgt aber auch zusammen mit der Ausgleichswelle dafür, dass der Motor im Leerlauf nur mit 700/min läuft und mit einem Verbrauch von 0,45 Litern pro Stunde extrem sparsam ist. Selbstverständlich erfüllt der Motor die Abgasgrenzwerte nach
Euro 4. Leichter
Beim Polo ersetzt der Dreizylinder den bisherigen Vierzylinder mit 1,4 Liter Hubraum, der immerhin auch nur 96 kg wog, und zwar einschliesslich Öl und Hauptkatalysator. Der 1,2-L-Zweiventil-Dreizylinder dagegen bringt es unter gleichen Voraussetzungen auf nur noch 80 kg, während der gleich grosse Vierventiler 87 kg wiegt. Darin ist der Massenausgleich mit 4 kg enthalten.
Mit einer Abgasrückführung von bis zu 20 % wird die Stickoxidbildung um bis zu 60 % gesenkt. Die Abgasrückführung erfolgt im gesamten Kennfeld bis zu höchster Last und Drehzahl, also nicht etwa nur im Bereich des MVEG-Fahrzyklus.
Damit sinkt die Abgastem-peratur um über 50 °C, sodass der motornahe Keramikkatalysator auch in kritischen Bereichen nicht überhitzt. Gegenüber dem 1,4-Liter-Vierzylinder mit zwei Ventilen pro Zylinder und 44 kW (60 PS) sank der Benzinverbrauch im MVEG-Test um 5 % und im Stadtzyklus um 11 %, obwohl der Dreizylinder mehr Leistung hat und elastischer ist.
Kein Ölschlamm
Aber noch etwas haben Hermann Middendorf und seine Mannschaft ausgemerzt, näm-lich die Ölschlammbildung durch Kondenswasser. Das Kurbelgehäuse des neuen Motors wird mit Frischluft durchspült, die dem Ansaugtrakt hinter dem Luftfilter entnommen wird. Selbst wenn der Motor nach dem Kaltstart nur immer kurze Strecken gefahren wird, erfolgt ein sehr schneller Wasserabbau bis zu einem ungefährlichen Restgehalt von 0,2 %. Die aus dem Kurbelgehäuse abgesaugte, mit Wasser- und Öldampf angereicherte Luft wird in einem Zyklonabscheider gereinigt, ins Saugrohr überführt und in den Zylindern verbrannt.
Zur Erzielung eines möglichst hohen Drehmoments bei niedrigen Drehzahlen arbeitet der Motor mit 525 mm langen Kunststoffsaugrohren von 34 mm Durchmesser, die auch die Einspritzventile der Saugrohreinspritzung aufnehmen. Die Einspritzung arbeitet mit einem Druck von 3 bar, die Drosselklappenbetätigung erfolgt durch ein E-Gas von Siemens, die auch die Motorsteuerung liefern.
Da der Motor so preiswert
wie möglich gefertigt werden muss, erhielt er keine direkte Benzineinspritzung - die wohl auch kaum in der Lage wäre, den Verbrauch nochmals drastisch zu senken. Auf jeden Fall entstand ein Motor, der trotz Drosselung ein hohes Mass an Fahrspass verspricht. Im gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht daran gedacht, aus ihm eine leistungsstärkere Variante zu entwickeln. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.
quelle mit einigen bildern: automobilrevue.ch/artikel.asp?ArtikelID=1404
zwei schlaue drei gedanken und der vierte sucht den fünften, den satz kappiert jetzt nur der sechste von uns dreien!


